Der Ausflug

Gott hat die Zeit geschaffen, von Eile hat er nichts gesagt. (Diesen Spruch habe ich im Orient gelernt.) So war es als ich heute Morgen kurz vor neun im Dietenbach vorbeikam. Die Damen ruhten noch. Wir waren auf neun für die Schwarzwaldfahrt verabredet. Aber dann ging‘s blitzfix. Gottlob warm angezogen, erschien erst Milgo, elegant mit rosa Tasche, den schwarzen Schuhen, die ich am Samstag brachte, langem schwarzen Kleid und chicer warmer Steppjacke. Gleich danach Marzia, enge Jeans, Turnschuhe und – was soll ich sagen -, wenn mir ein Kopftuch auch nur ein bisschen stehen würde, dann hätte ich diese Kunst längst abgekupfert und könnte so geschickt meinen dünnen Haarschopf verbergen. Auf jeden Fall sahen die beiden einfach gut aus.

Am Bahnhof stellte sich heraus, dass Marzia noch nie mit unseren Regionalzügen unterwegs war. Sie wusste nicht, dass ihre Schülerkarte für die Regio gilt. Ihr Strahlen war sehenswert, als ich ihr eröffnete, dass sie aus Freiburg herauskann. Ich dachte immer,  sie ginge in Kirchzarten zur Schule. Sie war in Kirchzarten untergebracht bevor sie zum Dietenbach kam. Nein – sie besucht die Lessingschule an der Johanneskirche.

Die beiden waren richtig aufgeregt. Als die Bahn leise schlingernd das Höllental hochkroch und die Straße tief unter uns lag, bekam Milgo fürchterlich Angst. Marzia hielt den Rauhreif für Schnee. In Hinterzarten drehten wir eine kleine Runde um dann von der Schwarzwaldbahn nach Seebrugg  aus den Titisee zu bewundern und erschaudernd den schneebedeckten Feldberg am Horizont zu bestaunen. Vor allem Milgo kriegte sich vor Freude nun überhaupt nicht mehr ein. In Schluchsee hat man leider nur eine halbe Stunde um den Gegenzug zu erwischen. Da Marzia in ihren dünnen Jeans total fror, hätte eine weitere Stunde keinen Sinn gemacht und so fuhren wir nach einem ordentlichen Eisbecher im Bahnhofsrestaurant wieder zurück. Der Titisee-Zwischenstopp fiel leider den dünnen Jeans zum Opfer…

Wie zwei satte Babys schliefen die beiden bei der Rückfahrt schon gleich nach Hinterzarten ein. Hoffentlich hatte ich ihnen nicht zuviel zugemutet! Bei mir daheim gab‘s  dann noch Tee mit Christstollen.

Marzia hat schon gut Deutsch gelernt, se kennt bereits Gott und Welt und hat auch deutsche Freunde. So wie sie sich gibt, stammt sie offenbar aus gutem Hause. Mangels Sprachkenntnissen ist eine Verständigung mit Milgo aus Somalia kaum möglich. Auch Marzia tut sich schwer an sie heranzukommen. Mir erscheint Milgo sehr in sich gekehrt. Sie freut sich auf ihr Baby. Außer dem Supermarkt in der Bugginger Straße scheint sie auch noch nicht sehr weit herumgekommen zu sein. Sie ist also diejenige, die den ganzen Tag im Container verbringt. Es lässt sich schwer sagen, wie sie sich dabei fühlt. Wenn die Frauen in Afrika nicht gerade schwer für ihre Männer schuften, die (wie ich in Sansibar gesehen habe) faul unter der Türe liegen, sind die Frauen froh um Ruhe. Milgo hat aber noch eine Freundin in Weingarten, die seit 2 Jahren hier lebt und letzte Woche telefonisch übersetzt hat.

Gertrud Plangger

Wir freuen uns auf weitere Erlebnisse. Schickt diese bitte an pr@diefi.org.

 

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